In unserer Gesellschaft sehen wir immer mehr Hunde mit Verhaltensauffälligkeiten, und viele von ihnen stehen bereits auf der "roten Liste". Das bedeutet, dass die Warnsignale nicht nur vorhanden, sondern schon kritisch sind. Besonders in den letzten Jahren zeigen Hunde bereits im Welpen- und Junghundealter extreme Auffälligkeiten, und die Lage verschärft sich Monat für Monat weiter. Ein Ende dieser Entwicklung scheint nicht in Sicht. Ein Blick auf die Situation zeigt, dass Überforderung seitens der Hundehalter oft das Hauptproblem darstellt.
Auch bei uns werden regelmäßig Hunde vorgestellt, die völlig gestresst und nervös wirken, die Defizite in der Erziehung haben und während ihrer Prägungsphase falsche Verknüpfungen gemacht haben. Viele Hundebesitzer sind verzweifelt, nachdem sie bereits mehrere Hundeschulen besucht haben, jedoch ohne Erfolg. Andere wiederum bekommen gesagt, dass das Verhalten ihres Hundes „rassetypisch“ oder „altersbedingt“ sei und es ohnehin nicht geändert werden könne. Einige sehen das Verhalten ihres Hundes sogar als normal an, weil sie es einfach nicht besser wissen.
Fehlende Aufklärung und falsche Prägung
Hundehalter können jedoch selten die Schuld an diesen Verhaltensproblemen gegeben werden. Sie wollen das Beste für ihren Hund, wurden aber oft nie richtig aufgeklärt oder erhielten auf Nachfragen keine fachgerechten Antworten. Häufig beginnt das Problem bereits im Welpenalter, wenn die Hunde durch schlechte Bedingungen in ihrer frühen Lebensphase geprägt wurden.
Früher kamen Welpen oft in ruhigen, abgelegenen Umgebungen, wie etwa in einem Stall, zur Welt. Dort konnten sie die ersten Tage und Wochen in Ruhe verbringen, ohne permanenten menschlichen Einfluss. Die Mutterhündin kümmerte sich um die Welpen und konnte sich von ihnen lösen, um so die erste wichtige Trennung zu ermöglichen. Diese Trennung ist essentiell, da sie den Welpen hilft, Ruhe und Gelassenheit zu erlernen, bevor sie in eine neue Umgebung ziehen.
Heute sieht das Bild jedoch oft anders aus. Welpenboxen stehen inmitten von Wohnräumen, wo sich ständig Menschen aufhalten – Kinder, Besuch oder die gesamte Familie. Manchmal gibt es nicht einmal eine richtige Wurfbox, sondern nur ein einfaches Körbchen. Solche Bedingungen schaffen von Anfang an Stress für die Welpen, der sich langfristig auf ihr Verhalten auswirkt.
Überreizung und ihre Folgen
Wenn Hunde bereits im Welpenalter überreizt werden, lernen sie, dass Unruhe und Nervosität der Normalzustand sind. Solche Hunde wieder in die Ruhe zu bringen, erfordert viel Aufwand und Geduld. Hinzu kommen oft rassespezifische Veranlagungen, die den Erziehungsprozess zusätzlich erschweren. Welpen müssen lernen, ohne ständige Beschäftigung und Aufregung zu ruhen – und das ist selbst für „normale“ Welpen schon eine Herausforderung.
Durch den ständigen Druck, in Welpengruppen zu spielen oder schnell Kommandos zu lernen, geraten viele Hunde in einen Zustand permanenter Überforderung. Sie werden in Gruppen gedrängt, in denen sie lernen, dass Hundekontakte immer aufregend und spielerisch sein müssen. Die Folge: Hunde, die im Kontakt mit Artgenossen eskalieren – sei es an der Leine oder in freiem Spiel. Sie haben gelernt, dass andere Hunde mit Aufregung und wildem Toben verbunden sind, was langfristig zu Aggressionsproblemen und Artgenossenunverträglichkeit führen kann.
Fehlende Anleitung und ihre Auswirkungen
Ein weiterer häufiger Fehler, den wir beobachten, ist die fehlende Anleitung. Hunde, die von klein auf ohne klare Regeln und Grenzen aufwachsen, entwickeln ein distanzloses und ungehemmtes Verhalten gegenüber ihren Artgenossen und auch gegenüber Menschen. Das führt zu Fehlverknüpfungen im Gehirn, die sich in problematischem Verhalten ausdrücken. Ohne eine klare und konsequente Führung sind Hunde nicht in der Lage, sich zu orientieren und zu lernen, was richtig und falsch ist.
Gerade in Welpenspielgruppen sehen wir häufig, dass Hunde stundenlang ohne Anleitung spielen dürfen. Dies führt dazu, dass sie sich schnell überfordern und falsche Lernerfahrungen machen. Die Aufmerksamkeitsspanne eines Welpen ist sehr begrenzt, und wenn diese überstrapaziert wird, können Stress und Aufregung zu dauerhaften Verhaltensproblemen führen.
Der Alltag zuhause – die Basis für ein harmonisches Miteinander
Der Alltag im häuslichen Umfeld spielt eine zentrale Rolle für das Verhalten des Hundes draußen. Nehmen wir einen pubertierenden Hund, der zu Hause die Freiheit hat, in jeder Situation zu entscheiden, was er möchte: Wann er aufs Sofa geht, wann er im Bett schläft oder wann er gestreichelt werden will. Solche Hunde lernen nie, Geduld oder Impulskontrolle zu entwickeln, weil sie immer das Gefühl haben, die Kontrolle zu haben. Auch mal Abwarten und zurück halten ist ein wichtiger Bestandteil im Zusammenleben mit unseren Hunden.
Abwarten bedeutet nicht, dass ein Hund angespannt, wie ein Flitzebogen, vor seinem Futternapf sitzt, bis ihm das Signal gegeben wird, dass er fressen darf. Abwarten bedeutet, dass der Hund lernt, sich entspannt zurückzunehmen – sei es, wenn der Besitzer sich unterhält, eine Tür durchschreitet oder einfach mal ruht.
Hunde müssen lernen, mit Frust umzugehen, denn Frustrationstoleranz ist ein entscheidender Bestandteil des Lernprozesses. Leider bringen viele Hundehalter ihren Hunden bei, was sie tun sollen, jedoch nicht, wie sie sich in stressigen oder frustrierenden Situationen verhalten sollen. Dies führt dazu, dass der Hund draußen als „kleiner Anarchist“ auftritt: Er entscheidet, wo es langgeht, ob er mit dem Nachbarshund spielen möchte und wie er auf die Umwelt reagiert.
Konsequente Erziehung – ein lebenslanger Prozess
Es ist wichtig zu verstehen, dass Hunde ihr Leben lang klare Strukturen, Regeln und Anleitung benötigen. Ohne diese Führung entwickeln sie sich schnell zu Problemhunden, die irgendwann selbst darüber entscheiden, wie sie auf bestimmte Situationen reagieren. Die Erziehung eines Hundes ist ein fortlaufender Prozess, der nicht mit ein paar Wochen Welpenschule

abgeschlossen ist. Es geht um eine lebenslange Verantwortung, in der wir als Hundehalter bereit sein müssen, unsere Hunde immer wieder zu führen, anzuleiten und ihnen Sicherheit zu bieten.
Verantwortung für ein Hundeleben – von Anfang an
Die Anschaffung eines Hundes sollte gut überlegt sein. Welche Rasse passt zu uns? Haben wir die Zeit, Geduld und Mittel, den Hund sein Leben lang artgerecht zu halten? Viele Hundehalter sind von den Anforderungen eines Welpen oder Junghundes schnell überfordert, weil sie nicht bedacht haben, wie viel Arbeit und Erziehung wirklich notwendig sind.
Besonders in der „Sturm-und-Drang-Zeit“, etwa mit drei bis fünf Jahren, landen viele Hunde im Tierheim, weil sie jahrelang keine klare Anleitung erhalten haben und das Zusammenleben mit ihnen zunehmend schwieriger wird. Bei diesen verhaltensauffälligen Hunden sind es oft nur Kleinigkeiten in der Kommunikation, die zu großen Problemen führen können. Es liegt an uns, als verantwortungsbewusste Hundehalter, diese Kommunikationsfehler zu erkennen und zu beheben, bevor sie sich festigen.
Hunde verstehen und artgerecht erziehen
Hunde sind komplexe Lebewesen mit individuellen Bedürfnissen, Charakteren und Geschichten. Jeder Hund und jede Hund-Mensch-Beziehung ist anders. Deshalb gibt es keine pauschalen Lösungen für Verhaltensprobleme. Was bei einem Hund funktioniert, muss nicht automatisch auch bei einem anderen Hund klappen. Deshalb ist es wichtig, unsere Hunde nicht nur nach Lehrbuch zu erziehen, sondern ihre Persönlichkeit und ihre rassetypischen Eigenschaften zu berücksichtigen.
In der modernen Hundeerziehung setzen wir auf wissenschaftlich fundierte, gewaltfreie Methoden, die auf Verständnis und Respekt basieren. Hunde lernen nicht durch Zwang oder Bestrafung, sondern durch klare Strukturen, Fairness und Geduld. Nur so können wir eine tiefe, vertrauensvolle Beziehung zu unserem Hund aufbauen – eine Beziehung, die auf gegenseitigem Verständnis und Respekt basiert.
Selbstreflexion – der Schlüssel zu einem harmonischen Miteinander
Hundeerziehung beginnt bei uns selbst. Wenn wir bereit sind, unser eigenes Verhalten zu reflektieren und uns zu verändern, können wir unseren Hunden ein stressfreies und erfülltes Leben bieten. Letztlich liegt es an uns, ob unser Hund zu einem Problemhund wird oder zu einem treuen Begleiter fürs Leben.
Wenn Ihr mehr darüber erfahren wollt, wie Ihr Euren Hund besser verstehen und erziehen könnt, meldet Euch bei uns. Wir helfen Euch, die Kommunikation zwischen Euch und Eurem Hund zu verbessern – aus Liebe zu Eurem Vierbeiner und mit dem Ziel, ihm ein glückliches Leben zu ermöglichen.

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